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THEMA: Fleischmann Piccolo Gleisgeometrie : Theorie und Praxis

THEMA: Fleischmann Piccolo Gleisgeometrie : Theorie und Praxis
Startbeitrag
jjvbhh - 08.05.21 08:59
Hallo, Zusammen

Nachdem ich im Internet und auch hier im Forum verschiedene Aussagen zur Fleischmann Piccolo Gleisgeometrie gefunden habe und auch in diversen Gleisplanungsprogrammen immer wieder Abweichungen zwischen dem digitalen "Das passt nicht" und dem realem "Es geht doch" gefunden habe, habe ich mal selber versucht, in OpenSCAD (dank meinem 3D-Drucker im Moment mein liebstes Programm) die Gleisgeometrie aus dem bekannten Katalogbild nachzuvollziehen.

Nachdem ich mir erst mal Module für Profile, Gleisbettung (ja, inklusive Körnung!), Schwellen (die Schienenlaschen fehlen noch), dann Module für gerade und gebogene Gleise und am Ende Weichen, Bogenweichen, Kreuzungen und DKWs erstellt habe, konnte ich das "Geometriebild" nachbauen.

Das Ergebnis zeigte die – bekannten – Unzulänglichkeiten: (Bild Fleischmann-Piccolo-Theorie)

Da das für mich nicht befriedigend war, machte ich mich auf die Suche nach einer Lösung…
… und die bestand für mich darin, die gebogenen Gleise in Weichen (und allen abgeleiteten Gleisen) um ca 1° zu drehen. Genauer: Bei Weichen (und entsprechend beim Gegenbogen) um 1.1° und bei Bogenweichen beide Kurven um jeweils 1.35° auseinander (und dann beim Einbau die Bogenweiche entsprechend zurück).

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: (Bild Fleischmann-Piccolo-Praxis)

Diese kleinen Abweichungen fallen beim "echten" Zusammenstecken der Gleise kaum auf, aber im Computer machen sie einem das Leben schwer.

Wenn ich Zeit habe, werde ich die noch fehlenden "Schönheiten" in meinem OpenSCAD Modulen nachtragen (Korrekte Schwellenverteilung in den Weichen, fehlende Radlenker und Herzstücke), aber im Moment reicht mir das, um mit OpenSCAD meine Anlage planen zu können.

Bei Interesse und wenn einige "Aufräumarbeiten" erledigt sind, werde ich die Scripte bei GitHub veröffentlichen.




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Sehr interessant. 🙂

Was man daraus lernen kann, ist dass die Realität anders tickt, als Programme einem suggerieren. Denn immerhin werden weltweit mit dem 'Piccolo' Gleis Anlagen gebaut, trotz allem. So 'schön' das Gleis auch aussieht: Mich stören am Meisten die sich oft mittig hochbiegenden Weichen.

Prima Kandidaten für so einen Vergleich sind übrigens auch die beiden Sorten Bogenweichen von Minitrix.

Alexander
Hallo Jørgen,

einen Parallelgleisübergang mit zwei 45°-Bogenweichen mit den jeweiligen beiden Radien sauber zu realisieren, ist geometrisch schlichtweg unmöglich. Vorteil aber, das beide Radien der Bogenweichen in der Norm liegen.

Sauber geht das nur, wenn man z.B. 30°-Bogenweichen und ein spezielles 30°-Zwischenstück herstellt. Dann gibt es wieder Probleme mit verkürzten Schwellenbändern etc.

Rationelle Fertigung erzwingt hier einen faulen Kompromiss.

Viele Grüße
Nimmersatt
Übrigens:
Gedruckt sehen die Gleise gar nicht so schlecht aus. (z.B. für Vitrinen-Modelle).
Die Kosten (Filament+Energie+Abschreibung Drucker) sind ca 0,50€ pro Gleis.
(Das soll jetzt kein Angebot sein, nur falls jemand sich selber welche drucken möchte).

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Geometrisch saubere Bogenweichen gibt es z.B. im alten System von Märklin H0:
beide Bogenstränge R1 30°, zueinander gerade versetzt um den Parallelgleisabstand.
Nachteil: unschöner Verlauf des Außenradius - statt 2x 30° R2 bildet sich dann etwas nach innen geknicktes, 30° R1 + Parallelgleisabstand gerade + 30° R1.

Zum Fleischmann Piccolo System und wie Anyrail damit umgeht habe ich letzten August ausführlich geschrieben im Anyrail Model Railroad Forum, allerdings im niederländischen Teil auf niederländisch.

https://www.anyrail.com/forum_en/index.php/topic,3333.0.html

Typische Piccolo Merkmäle:

- Der Kreuzungswinkel nennt Fleischmann 15°, ist aber wirklich 16,8° weil 33,6 mm Gleisabstand unmöglich auf 111 mm gerade Länge überbrückt werden können. Nicht umsonst sind die Minitrix Kreuzungen länger, bei 15° braucht man das.

- Kreuzungen und DKW haben also diesen Winkel, und sind auch an den diagonalen Gleisenden entsprechend auf 16,8 ° abgeschnitten. Weichen sind aber am abzweigenden Strang auf 15° abgeschitten! Siehe mein erstes Foto im Bericht auf Anyrail, Weiche und DKW aneinandergesteckt gibt zwei unparallele Gleise.
Warum macht Fleischmann das? Wohl um die 15° Illusion aufrecht zu erhalten. Der Abzweigbogen soll ja auch einen 15° R4 9136 gleichen. Tut es aber nicht, eine Weiche wird nie in einem sauberen R4 Kreis passen, egal mit welchen Winkel man das Abzweigende abschneidet.
Zwar kann man jetzt der Gegenbogen 9136 ohne Kicke an einer Weiche stecken, und ein einfaches Parallelgleis zwischen zwei Weichen sieht so gut aus. Den Parallelgleisabstand von 33,6 mm erreicht man dann aber nicht. Um das zu erreichen, muß man den 9136 etwas nach außen gedreht verlegen, also mit Knicke - eben genauso wie der Abzweigbogen einer Weiche geometrisch gebildet ist.

- Kreuzung 9161 ist keine 30° Kreuzung, sondern als Teil des Rastersystems hat sie einen Winkel von zweimal den schon genannten 16,8° also 33,6°.

Und damit kommem wir zum Thema: wie Digitalprogramme wie Anyrail mit allen Ungenauigkeiten umgehen.
Anyrail hat folgendes gemacht: um Weichen und Kreuzungen Parallel aneinander verbinden zu können, hat man an den diagonalen Gleisenden die 16,8° komplett abgeschafft.
Kreuzungen und DKW sind also genauso wie Fleischmann es bei den Weichen gemacht hat, auf 15° abgeschnitten.
Bei Weichenstraßen im Rastersystem merkt man das zuerst nicht - alles passt. Parallele Gleisen bleiben parallel. Und wenn man an einem Diagonalabzweig ein gerades Gleisstück anschließt, liegt dieses immer unter 15° egal ob an einer Weiche oder an einer DKW oder Kreuzung.
Scheint vorteilhaft. Aber die theoretische Gleisabstände 33,6 - 50,4 - 67,2 mm usw. sind im Rastersystem nicht gewährleistet wenn man die Diagonalgleise 9102 nicht unter 16,8° verlegt.

Die größte Abweichung in Anyrail war die Kreuzung 9161. Anyrail hatte die als saubere 30° Kreuzung gebildet. Passte zwar von der Länge her im Rastersystem, aber bewirkte nicht den Gleisabstand von 67,2 mm. Nachdem ich das mit Anyrail geklärt habe, ist das Teil ab Anyrail 6.33 korrigiert zum richtigen Winkel 33,6°. Und damit es im Rest des Anyrail Systems passt, ist der Winkel der diagonalen Gleisenden auf 15° abgeschnitten wie bei den anderen Kreuzungen und DKW (war mein Vorschlag).
Ohne Kompromosse geht es ja nicht

Gruß, Victor
NL

Hallo,
@Victor:
vielen Dank für deine Ausführungen! Das hat mir sehr geholfen!
Ich hatte dieses Dilemma auch hier schon einmal gepostet, da ich trotz sorgfälltigster Verlegung nicht auf die Maße kam.
(ich hätte ein wenig pfuschen sollen   )

LG
Günter
Hi, Victor
Das deckt sich mit meinen Berechnungen, die für die Kreuzungsdiagonale eine Länge von 115.974mm und einen Winkel von 16.8412° ergeben. Bei 9161 dann jeweils für jede Diagonale. Auf das Problem, das die Weiche nicht in einen R4-Kreis passt, bin ich noch gar nicht gestoßen, ist aber in der Konsequenz logisch. Bzw., die Gerade zeigt dann in eine um 1.10737° falsche Richtung. Möglicherweise hat Fleischmann das wohl wissend nicht im Geometriebild aufgenommen.

Gruß Jørgen
Zitat - Antwort-Nr.: 6 | Name: jjvbhh

Möglicherweise hat Fleischmann das wohl wissend nicht im Geometriebild aufgenommen.


Im heutigen online Technikinfo https://www.fleischmann.de/uploads/Unternehmen...mit_Schotterbett.pdf nicht, aber in den alten Katalogen schon


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Zitat - Antwort-Nr.: 3 | Name: jjvbhh

Die Kosten (Filament+Energie+Abschreibung Drucker) sind ca 0,50€ pro Gleis.


Das deckt sich mit meinen Erfahrungen mit Märklin:
um 2001 hatten die Weichen einen (Abgabe-)Wert/Preis von 2 DM, ab Werk Ungarn, also inklusiv aller Kosten, Abschreibungen etc dort.
Der Rest zum Einkaufspreis der Händler deckt die "Mindereinnahmen" bei den Lokomotiven

helko
Zitat - Antwort-Nr.: 8 | Name: heiko

Das deckt sich mit meinen Erfahrungen mit Märklin:


Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Bei den gedruckten Schienen handelt es sich um reine Kunststoffprodukte ohne elektrische Funktion.
Zitat - Antwort-Nr.: 2 | Name: Nimmersatt


einen Parallelgleisübergang mit zwei 45°-Bogenweichen mit den jeweiligen beiden Radien sauber zu realisieren, ist geometrisch schlichtweg unmöglich. Vorteil aber, das beide Radien der Bogenweichen in der Norm liegen.



Mit der von mir – empirisch – ermittelten Spreizung von 2x1.35° passt es allerdings ziemlich gut. (Siehe Screenshot).

Die Bogenweichen sind beide mit exakten Kurven R1 bzw R2 erzeugt:

module bogenweicheL()
{
rotate([0,0,wbogenw]) kurve(r=R1,w=45);
rotate([0,0,-wbogenw])kurve(r=R2,w=45);
}

dadurch passen sie auch genau ein die entsprechenden Vollkreise. Einzig eine Schienenstoßlücke von in der Theorie ca 1mm verbleibt. In der Praxis wird man das einfach "zuschieben" und alles ist gut.

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Weil die Bogen der Weiche diese 1,35° gespreitzt zueinander sind, wirst du digital immer Probleme damit haben.
So eine Weiche müsste man nämlich auf zwei Weisen einbauen können: entweder den Innenbogen folgend - dann ist der Außenbogen nach außen gedreht, oder den Außenbogen folgend - dann ist der Innenbogen nach innen gedreht.
Bei digitale Gleisbauprogrammen ist eine der beiden vorprogrammiert, und demzufolge hat man Probleme mit der andere.
Die gleiche Probleme hat man dann mit den anschließenden Bögen, wenn man nicht die doppelte Weichenverbindung zwischen R1 und R2 will, sondern mit nur einer Weiche in einer 90° Kurve von 1 zu 2 Gleisen.

Wenn man alles genau passend machen will, kommt man nicht um eine Links- und Rechtsversion hin.

Und wenn diese Entscheidung für zwei Versionen einmal getroffen ist, dann kann man es auch richtig machen. Ganz anders. Mit einer kleinen Innenweiche und eine große Außenweiche.
Die Verbindung zwischen einen sauberen R1 90° und einen sauberen R2 90° besteht dann geometrisch aus einen sauberen R1 90° plus 33,6 mm gerade.
Die kleine Innenweiche enthält dann geometrisch diese 33,6 mm gerade und zwei R1 Bögen, und die große Außenweiche enthält R1 und R2 sauber tangentiell zusammengeführt, daher muss diese auch länger sein als 45° damit die Gleisenden weit genug auseinander geraten. Sagen wir 52,5°.

Ich habe jetzt keine Zeit mehr um das mit (Anyrail) Bilder anschaulich zu machen, aber ich werde das in den nächsten Tagen noch machen falls Interesse besteht.

Gruß, Victor
Hallo Victor,

ich nutze "Raily 4 SE".
Als ich noch mit Arnold geplant/gebaut habe, ist mir in der Bibliothek bei den Bogenweichen aufgefallen, dass jede Katalonummer zwei Varianten hat, also z.B.
   1766L (ä) und 1766L (i).
Ich habe keine Bodenweichen genutzt, habe mich daher über die Bezeichnungen zwar gewundert, aber nie versucht herauszufinden, warum das so ist.
Deine Erklärung mit den zwei Versionen hat der Programmierer von Raily wohl versucht zu lösen.

LG Manfred
Hallo Zusammen.

Danke für die zahlreichen, hilfreichen Kommentare und Beiträge. Wenn Ihr daraus auch neue Informationen oder Anregungen ziehen konntet, um so besser.

Ich für meinen Teil bin mit meiner OpenSCAD-Lösung sehr zufrieden und kann damit meine Planung realisieren. Zumal ich alles selber in der Hand habe und es eine kostenlose Lösung ist, die ich unter Linux auch problemlos einsetzen kann. Wie schon Eingangs geschrieben, werde ich bei Zeiten alles bei GitHub veröffentlichen.


Grüße Jørgen

Aufgrund der starken Miniaturisierung in Spur N, wirken sich kleinste Unebenheiten oder Versatz bei den Gleisen stark auf die Betriebssicherheit aus.
Generell haben die meisten Hersteller damit zu kämpfen.
Es gibt durchaus einige Forenten die mit FLM Piccolo gut zurecht kommen.
Obwohl ich noch viel Altbestand von FLM Piccolo besitze, kommen aktuell auf meiner neuen Anlage im sichtbaren Bereich Peco, und im verdeckten Bereich FLM-Roco Gleise drauf.
Die FLM Piccolo Weichen biegen sich oft ein wenig durch. Meiner Einschätzung nach ein Produktions Issue. Das Metall Rückteil wird zu sehr unter Spannung an die restliche Weiche montiert, ... dann verbiegt es sich.

Gruß, Robert
@10

Die Lücke von 1mm bei den Bogenweichen benötigt man wenn man Isolierverbinder verbauen muß.


Hallo,

eine der größten Fehler beim Gleissystem Fleischmann piccolo sind doch die Bodenbleche der Weichen, welche allesamt nicht vertieft angebracht sind und stattdessen um das Maß der Blechstärke auftragen sind. Dadurch sind die Weichen im Bereich Bodenbleche höher wie bei den restlichen Schienen. Das fällt besonders stark auf wenn man die Piccolo Schienen verschraubt bzw. vernagelt ohne Pappstreifen zu unterlegen. Ein Berg- und Talfahrt bei den Weichen ist dann zu beobachten. Bei meiner alten Anlage hatten ich damals den Bereich der Bodenplatte im Korb ausgespart damit die Weichen plan auflagen.
Die Abweichungen in der Geometrie fielen mir schon in den achtziger Jahren auf - sie sind dank den Flexgleisen kompensierbar.

Grüße
Markus

Zitat - Antwort-Nr.: 15 | Name: MarkusR

Die Lücke von 1mm bei den Bogenweichen benötigt man wenn man Isolierverbinder verbauen muß.


Hört sich im ersten Moment logisch an, aber wenn man drüber nachdenkt, doch eher nicht. Dann dürfte man ja nirgendwo anders Isolierverbinder verbauen. Kommt aber dennoch an allen möglichen Stellen vor. Auch hier zählt die Praxis: Schieben, bis es passt. Und es gäbe keine Situation, wo man Bogenweichen ohne Isolierverbinder hätte. Hat man aber doch – z.B. Eine Bogenweiche als denkende Weiche beim Split auf zwei Gleise.

Im übrigen Beträgt die Lücke beim Isolierverbinder nur ca 0.3mm bis maximal 0.4mm.

Gruß Jørgen



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