Verhalten von Kondensatoren im Gleichspannungskreis
Ein Beitrag von Günter König:
Ein Wort vorab, ich will darauf verzichten, zuviel Mathematik hierein
zu bringen. Das soll nicht die Aufgabe sein. Ich denke auch, das darüber
an anderer Stelle genug geschrieben wurde. Wer es will, kann in den einschlägigen
Fachbüchern im Selbststudium sich mit den absoluten Feinheiten beschäftigen.
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Wir beginnen mit dem Kondensator, der Ladung und der Entladung. Wir schauen
uns an, was bei einer Impulsförmigen Gleichspannung passiert. Und
wir wollen mal schauen, ob wir den Grund herausfinden, warum ein Entstörgleis
in einer digital betriebenen Anlage mehr Unheil als Gutes machen kann.
1. Testschaltung
In vorhergehenden Beiträgen über Bauelemente und Grundschaltungen
wurde bereits der Kondensator und die Spule erwähnt. Wir wollen uns
nun einmal mit dem Verhalten dieser Bauteile in Verbindung mit den bei
unserer Modellbahn üblichen Spannungsformen befassen.
In Abb.1 ist mit V1 eine Spannungsquelle
gezeichnet, die uns für die folgenden Untersuchungen die erforderliche
Spannung UIN von 1 Volt liefert. Wir wollen
uns im weiteren die an den Bauteilen anliegenden Spannungen ( UIN,
UC1 und UL1
) und die fließenden Ströme ( IC1
und IL1 ) durch den Kondensator und in
einem zweiten Artikel durch die Spule betrachten.
UC1 ist die Spannung über dem Kondensator,
UL1 entsprechend die Spannung über
der Spule.
2. Der Kondensator an Gleichspannung - Ladung
Beginnen wir mit der Betrachtung des Kondensators und schauen wir uns
also folgendes Diagramm einmal an:
Das Diagramm setzt sich aus den drei Einzelkurvenverläufen UIN
im oberen Drittel, IC1 in der Mitte und
UC1 im unteren Drittel zusammen. In der
waagerechten Diagrammachse ist die Zeit (hier: 1 Sekunde) eingetragen,
in der senkrechten Strom und Spannung.
Was geschieht hier nun? Man sieht bei dem Verlauf UIN,
das zum Zeitpunkt 0,0 s die Spannung auch 0 ist. Nach 0,1 s wird die Spannung
eingeschaltet und erreicht einen Wert von 1 Volt. Der Strom hat zu diesem
Zeitpunkt einen Maximalwert von 1 mA. Die Spannung am Kondensator UC1 ist zu diesem Zeitpunkt 0 Volt.
Wir haben ja schon mal was von dem sogenannten Ohmschen Gesetz gehört
welches besagt, dass ein Strom durch einen elektrischen Leiter einen Spannungsabfall
hervorruft. Hier ist aber die Spannung über dem Kondensator gleich
0 Volt, was den Schluss nahelegt, dass hier der Widerstand gleich 0 Ohm
sein muss - dies bedeutet aber letztlich ein Kurzschluss.
Wenn wir weiter überlegen, sehen wir das die Eingangsspannung 1 Volt
und der Strom 1mA beträgt. Errechnen wir hieraus den Widerstand nach
dem Ohmschen Gesetz so erhalten wir einen Wert von 1 kOhm. Und genau dies
ist ja der Wert von R1.
Man kann also sagen: Im Einschaltmoment wird der Strom durch den Vorwiderstand
R1 begrenzt.
Oder anders: Im Einschaltmoment ist der Strom durch den Kondensator theoretisch
unendlich hoch da der Widerstand gleich 0 Ohm ist.
Ein Satz zum Merken:
Kondensator - Strom eilt vor
Wir sehen nun weiter, das der Strom IC1
abnimmt und die Spannung über dem Kondensator langsam ansteigt. Dieser
Vorgang führt irgendwann dazu, dass die Spannung über dem Kondensator
gleich der Spannung UIN und der Strom IC1
gleich 0 mA sein wird. Würden wir jetzt den Kondensator abklemmen
und an seinen Anschlüssen ein Voltmeter anlegen, sehen wir, dass
die angezeigte Spannung 1 Volt beträgt. Man sagt, der Kondensator
ist geladen.
Dieser Verlauf der Ladung (der Kurvenverlauf) ist den Kondensatoren eigen.
Sie ist bei allen Kondensatoren identisch und unterscheidet sich nur im
zeitlichen Verhalten. Welches nichts weiter bedeutet, das ein Kondensator
mit einer hohen Kapazität einen längeren Zeitraum zur Ladung
benötigt als einer mit einer kleinen Kapazität.
Gibt es eine Möglichkeit, diesen Vorgang zu berechnen? Ja, gibt es.
Man hat hierfür den Begriff "Zeitkonstante" eingeführt.
Man bezeichnet die Zeitkonstante mit dem griechischen Buchstaben Tau.
Dieser wert errechnet sich aus dem Vorwiderstand und der Kapazität
Tau = R * C (Zeit in Sekunden, Widerstand in Ohm, Kapazität
in Farad)
Diese Zeit beschreibt den Punkt auf der Ladekurve für UC1 wann die Spannung auf 63 % der Eingangsspannung UIN angestiegen ist. Rechnen wir mal,
1 kOhm = 1000 Ohm,
100 µF = 0,0001 Farad
Tau = 1000 * 0,0001 = 0,1 Sekunden.
Schauen wir noch mal in das Diagramm sehen wir tatsächlich, das 0,1
Sekunde nach Beginn der Ladung (bei 0,2 Sekunden) die Spannung auf 0,63
Volt angestiegen ist.
Eine Eigenheit dieses Kurvenverlaufs ist, dass er nicht linear ist. Das
heißt, die Spannung ist nach der doppelten Zeit nicht doppelt so
hoch. Wir haben es hier mit einer sogenannten e-Funktion zu tun. Nichtsdestotrotz
können wir es aber berechnen.
Beispiel: Wir wollen wissen, wie hoch die Spannung UC1
zum Zeitpunkt 0,4 Sekunden ist und welcher Strom IC1
dann noch fließt.
Hierfür gibt es folgende Rechengrundlage:
UC1 = UIN
* (1-e-(t/Tau)), wobei t der gewünschte Zeitpunkt
und Tau die Zeitkonstante ist. Auf dem Taschenrechner ist die e-Funktion
meist über die Taste ex zu finden. Bei "e" handelt es sich
um eine mathematische Konstante, ähnlich "Pi". Als Näherungswert
können wir 2,71828 einsetzen.
Aber gut, tippen wir mal ein:
1 * (1-e-(0,3 / 0,1)) und erhalten als Ergebnis 0,950 Volt.
Der Strom zu diesem Zeitpunkt errechnet sich aus
IC = UIN/R1
* e-(T/Tau) ergibt einen Strom von ca. 0,05 mA.
(Der Term UIN/R1
beschreibt den maximal möglichen Strom IC1)
Schauen wir mal ins Diagramm, werden wir diese Ergebnisse an entsprechender
Stelle recht genau wiederfinden.
Nun denn, nach kurzen mathematischen Auswucherungen beschäftigen
wir uns noch mit dem Entladevorgang, denn was geladen wurde, kann auch
wieder entladen werden.
3. Der Kondensator an Gleichspannung - Entladung
Schauen wir wieder auf das Diagramm ist im oberen Teil die Eingangsspannung
und unten die Spannung am Kondensator eingezeichnet. Wir sehen, das nach
0,1 Sekunden die Eingangsspannung abgeschaltet wird und die Spannung am
Kondensator nach der uns nun bekannten e-Funktion sinkt.
Die Berechnungen sind genauso wie bei der Ladung - nur ist die Zeitkonstante
auf den Wert der Kondensatorendspannung bezogen. Es heißt also jetzt,
Tau ist der Zeitpunkt, auf den der Wert der Kondensatorendspannung um
63 % abgefallen ist. Das sollten in unserem Beispiel 100 mS nach dem Abschalten
noch 0,37 V sein. Aber rechnen wir noch mal nach
UC = UC1
* e-(T/Tau) und erhalten als Wert 0,36787 Volt.
(UC = Spannung zum Zeitpunkt T, UC1 = Ladeentspannung)
Für den Verlauf des Entladestromes gilt folgendes: Im ersten Moment
des Abschaltens erreicht der Entladestrom einen Maximalwert um dann nach
der e-Funktion abzufallen. Der Strom zum beliebigem Zeitpunkt T errechnet
sich aus:
IC = UC1/R1
* e-(T/Tau)
(IC = Strom zum Zeitpunkt T, UC1 = Ladeentspannung)
(Der Term UC1/R1
beschreibt den maximal mögliche Entladestrom IC1)
4. Der Kondensator an impulsförmiger Gleichspannung
Die bisher verwendete Spannungsquelle liefert uns nun eine Impulsförmige
Gleichspannung mit einer Impulsdauer von 0,5 sec.
Der obere Kurvenverlauf zeigt dies deutlich: Der Impuls wird nach 0,1
Sekunde eingeschaltet und endet nach 0,6 Sekunden. Das ganze geschieht
dreimal sodas wir drei Impulse sehen. In der unteren Kurve sehen wir nun
die Spannung am Kondensator mit seinen Lade- und Entladekurvenverläufen.
Aufgrund unserer Dimensionierung mit R1
= 1 kohm, C1 = 100 µF und der Impulsdauer
von 0,5 Sekunden sieht es so aus, als würde der Kondensator immer
bis auf die Eingangsspannung aufgeladen und bis auf 0 Volt entladen.
Nur, mit unserer Eingangskurvenform hat unsere Spannung am Kondensator
nur noch wenig gemein. Wir sehen, irgendwie wird unser sauberer Rechteckimpuls
ganz schön verbogen.
Als nächstes ändern wir mal die Impulsdauer, wir werden ihn
mal nur 0,05 Sekunden dauern lassen. Die Werte für R1 und C1 bleiben gleich.
Was könnte passieren?
Nun, es fällt sofort auf, das die Ladeendspannung gar nicht mehr
die Eingangsspannung erreicht. Sie erreicht nur einen Wert von ca. 400
mV!
Verkürzen wir nochmals die Impulsdauer auf einen Wert von 5 mSekunden.
Die Ladeendspannung erreicht nun noch nicht mal den Wert von 50 mV!
Kann uns diese Erscheinung nützen?
Ja, wenn wir eine MoBa mit einer reinen Gleichspannung betreiben, entstehen
durch Kollektormotoren zwangsläufig Störungen, die sich durchaus
unangehm in Nachbars Radio oder Fernseher bemerkbar machen. Da diese Störungen
aus sehr kurzen Impulsen bestehen, können wir sie mit einem Kondensator
bedämpfen. Und genau das wird über ein sogenanntes Entstörgleis
erreicht.
Oft befinden sich in der Lok aber echte Entstörglieder bestehend
aus einer Kombination von Spulen und Kondensatoren die insofern wirkungsvoller
sind, da sie die entstehenden Störungen direkt „vor Ort“
unterdrücken. Wie das genau wirkt, werden wir in Zusammenhang mit
der Spule (Beitrag erscheint demnächst) noch etwas genauer besprechen.
5. Spannungsversorgung einer digitalen Modellbahn (DCC)
Bei einer rein Gleichspannungsmäßig gesteuerten Modellbahn
wird die über das Gleisnetz zugeführte Gleichspannung direkt
zu Steuerung der Motoren und Beleuchtung benutzt. In einer digital gesteuerten
Anlage ist das anders. Irgendwie muss die Energie für die Motoren,
Beleuchtung usw. übertragen werden wie auch Daten, um den Motor usw.
zu steuern. Dies geschieht auch über eine Spannung. Schauen wir uns
mal solche eine Spannung mal an:
Was ist nun besonderes daran? Auf dem ersten Blick sieht es aus wie eine
impulsförmige Gleichspannung, bei näherem hinsehen erkennen
wir, das die Spannung aber einen positiven Höchstwert (ca. +16 V)
und einen negativen Höchstwert (ca. -16 V) hat. Es handelt sich also
um eine impulsförmige Wechselspannung. Es wird also letztlich eine
Wechselspannung unseren Gleichspannungsloks zugeführt. Was geschieht
nun in der Lok mit dieser Wechselspannung?
Sie wird einem Decoder zugeführt, der erstmal die Vorsorgungsspannung
generieren muß damit der Decoder überhaupt arbeiten kann. Aus
der Wechselspannung muss also erstmal eine Gleichspannung erzeugt
werden. Schematisch einmal dargestellt:
An den Punkten Va und Vb erhalten wir unsere Gleichspannung und am Ausgang
"Daten" eben die Daten. An Va und Vb bekommen wir durch Gleichrichtung
eine recht saubere Gleichspannung, die weiter verarbeitet werden kann.
In rot sehen wir die Datenfolge. Wie jetzt die Daten behandelt werden,
ist an dieser Stelle nicht wichtig. Nur soviel, es kommt auf einen möglichst
sauberen Impuls mit ausgeprägten steilen Flanken und einem entsprechendem
Pegel an.
Wir wollen uns nun wieder unserem Kondensator widmen, die Frage war: was
kann ein Entstörgleis anrichten? Wie wirkt sich das aus?
In der oberen Diagrammhälfte ist wieder die Eingangsspannung dargestellt.
Unten die Eingangsspannung und die Daten. Wir sehen, das die erforderliche
Gleichspannung einen anderen Verlauf hat. Dies ist aber nicht so tragisch,
viel schlimmer ist die Verfälschung der einzelnen Datenimpulse. Von
sauberen Flanken kann hier nicht mehr die Rede sein. Ein digitales System
reagiert dann unweigerlich mit Ausfällen. Es ist durchaus schon vorgekommen,
das nach einem Umbau Analog -> Digital nichts mehr funktionierte weil
an irgendeiner Stelle ein Entstörgleis vergessen wurde auszubauen.
Das Verhalten von Spannung und Stom bei Spulen/Induktivitäten wird
unter "Spulen" näher beleuchtet.
Danke an Günter
König für den Artikel.
Das sagen User zu diesem Thema (Ein Beitrag):
riesen Dank an die Person, die diese Infos schön zusammengefasst hat!
War schon die ganze Zeit auf der Suche!
Lg!
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