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THEMA: Konstanz-Petershausen - Luftbilder aus den 1930ern

THEMA: Konstanz-Petershausen - Luftbilder aus den 1930ern
Startbeitrag
AK - 18.05.20 04:32
Hallo zusammen

nur ein Allerwelts-Foto?
Einen Moment innehalten und schaue hin, was Eisenbahn früher war.

wenn ich mal die Zeit habe, schmökere ich gerne in Wiki.

Der schweizerische Luftfahrt-Pionier Walter Mitterholzer flog in den 1920ern und 1930er rund um die Welt. Aber er folg auch in der Schweiz und Südbaden am Hochrhein und machte sehr viele Fotographien von seinem Flugzeug aus.
In der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er bis Anfang der 1930er machte er Flüge über Südbaden und fotografierte dabei Industrie-Unternehmen von oben, um vermutlich Luftbild-Fotos den Unternehmen als Werbe-Möglichkeit anzubieten.
Die ETH Zürich hat eine einzigartige Fotoplatten-Sammlung aus diesen Flügen, "aus Versehen als Beifang" mit hoch interessanter Eisenbahn-Dokumentation, die seines Gleichen lange sucht.
Diese Fotoplatten sind in wiki zudem noch in einer erstaunlichen Hoch-Auflösung mit bis zu 80 MB wiedergegeben, sodass es einem "warm wird" ums Eisenbahner--Herz

Aber lasst Euch überraschen und wundern, wie das Leben in einem Teilort von Konstanz am Bodensee war und was in den letzten 90 Jahren daraus geworden ist. Man reibt sich nur die Augen...

Ehrlich, ich bin schon einige Zeit an den 6 Fotos fasziniert gesessen.

Erkennt Ihr die Badische VI b, die gerade im Bahnhof Petershausen rangiert?
Die Gießerei & Maschinenfabrik Rieter… die badische Jäger-Kaserne...?

Und man kann anhand der wenigen Fotos eine interessante Geschichte erzählen, wenn es auch profan "nur" Bürger, Arbeiter und Eisenbahner zeigt, wie die Welt früher am Bodensee aussah.

Mehr en Detail mit Bildausschnitten der Luftbild-Fotos in den nächsten Tagen
Screen-shots werden es möglich machen, heran zu zoomen....

Viele Grüße
Andreas



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Hallo Andreas,

heute dürfte es dieses Bild sein:

https://www.google.de/maps/place/78464+Petersha...47.668333!4d9.180833

gesehen im 3D Format

Gruß
Wolfgang
Hallo zusammen,

dann fange ich mal an

zunächst hole ich mit einem anderen Luftbild aus der selben Luftbild-Serie aus, die die Gesamt-Situation veranschaulicht...

Ich hoffe, dass mein Beitrag nicht langweilt und dass Epoche II-Modellbahner auf ihre Kosten kommen...

Ich habe das angehängte Bild "Bildausschnitte" mit blauen Kreisel versehen, um dann im nächsten Beitrag im Laufe des Abends mit Detail-Ausschnitte auf diesem ersten Foto fortzufahren ..



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die Rhein-Brücke über den "Konstanzer Trichter". Der Obersee des Bodensees mündet hier in den Rhein. Wenige hundert Meter weiter Rhein-abwärts mündet dann der Rhein in den Untersee des Bodensees.

Die Brücke verbindet die Stadt Konstanz mit Petershausen und ist noch im ursprünglichen Zustand vor der Erweiterung Ende der 1930er Jahre.
Auf dem schmalen Straßenteil fährt ein Lkw (weiß jemand, was das für ein Lkw ist?), und einige Fußgänger sind stehen geblieben und schauen sinnierend -auch wie heute- hinunter auf das Wasser.
Der Eisenbahn-Teil der Brücke ist eingleisig. Von Singen (Hohentwiel) verläuft die Bahnstrecke bis Petershausen zweigleisig, von Petershausen bis Konstanz eingleisig. Diese Betriebssituation ist heute noch aktuell...

links oben der Rheintor-Turm der ehemaligen Altstadtbefestigung....



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das Quartier aus der Gründerzeit auf der Petershausener Rhein-Seite steht heute noch und ist wirklich ein Hingucker....


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weiter rechts im Bild stand ein großes Hotel für internationales Publikum. Links neben dem Hotel stehen zum Hotel gehörende Wirtschaftsgebäude und rechts neben dem Hotelgebäude war offensichtlich ein angegliedertes Hallenbad. Um dieses Hallenbad zu beheizen, gab es auf der rückwärtigen Seite des Hallenbads ein Heizhaus, das über einen hohen Kamin aus Ziegelstein verfügte....
Das Hotel ist heute verschwunden, übrig geblieben ist an dieser Stelle der "Büdingen Park" als Parkanlage.

edit: Wie aus "Gockel" zu erfahren ist, ist geplant, wieder an dieser Stelle wieder ein Luxus-Hotel zu errichten....

Die Villa links unten im Bild steht heute noch...

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natürlich durfte nahe des Hotel keine Freibad-Badeanstalt im Bodensee fehlen...

auf diesem Bildausschnitt konnte ich einzigen Pkws auf dem gesamten Stadt-Luftbild erkennen, und dann auch gleich auch 4 an der Zahl! Diese ausserordentliche Auto-Ansammlung wird wohl der Nähe des Hotels geschuldet sein...

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weiter oben am rechten Rand erkennt man "Jäger-Kaserne" (Baujahr 1914 - 1917), umsäumt von Gärten und Wiesen, und die Bahnhaus-Einfahrt von Petershausen. Mit Telegraphen-Doppelmasten, versteht sich.
Zahlreiche kleine Schuppen links neben der Einfahrt deuten auf einiges Klein-Gewerbe hin. Ein Sammelsurium an Schuppen. Ganz links oben steht ein Kühlwagen auf dem Freiladegleis.

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im Bahnhof Petershausen fährt gerade ein gewaltiger Gmp auf Gleis 2 aus und passiert bereits den Bahnübergang. Die Baureihe ließ sich trotz Super-Auflösung nicht identifizieren. Der Gmp besteht aus 3 Personenwagen, einem Gepäckwagen und 19 Güterwagen (wenn ich richtig gezählt habe). In den Folge-Fotos aus der Luftbild-Serie ist der Gmp nicht mehr zu sehen.
Auf Gleis 5 steht eine badische VI b rechts unten im Bild und ist mit Rangierarbeiten beschäftigt. In späteren Fotos wird sie uns wieder begegnen.
Am oberen Bildrand ist das Empfangsgebäude und die Giesserei & Maschinenfabrik Rieter zu sehen.
Gegenüber dem Empfangsgebäude steht der Güterschuppen.
Der aus 5 einzelnen Hallen bestehende Komplex müsste ein Sägewerk, ein Holzhandel oder beides in Kombination sein.



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ganz oben im Gesamt-Foto ist eine Ton-Grube mit See (mit Loren-Bahn, wie auf späteren Fotos zu sehen sein wird), sowie die dazugehörige Ziegelei "Emonts" zu erkennen. Die Ziegelei verfügte über einen Bahnanschluss.
Die Ziegelei wird in 2 späteren Fotos en Detail zu sehen sein.
An diesem Bahnanschluss hing nicht nur die Ziegelei, sondern auch ein chemischer Betrieb direkt am Rhein, auf dessen Anschlussgleis eine Dampfspeicher-Lok unterwegs war.

Das solls mal für heute mit zunächst einem Gesamt-Überblick aus einem einzigen Luftbild-Foto gewesen sein, bevor wir in die Detail-Luftbilder einsteigen.

more to come…

Viele Grüße,
Andreas

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Hallo Andreas,

danke für das Aufarbeiten der Bilder. Interessant wie sich die Bebauung hier in den letzten neun Jahrzehnten verändert und vor allem verdichtet hat.

Grüße
Markus
Joh, kommen wir zu 1.Foto vom Bahnhof Petershausen.
Der Bahnhof lag seinerzeit "mitten auf dem Acker" weitab vom eigentlichen Ort Petershausen...

im Bild-Zentrum die Ansicht der Giesserei und Maschinenfabrik Rieter. Links davon an der benachbarten Straße stehen 5 Wohnhäuser, vermutlich für die Mitarbeiter der Fa. Rieter.

von rechts unten schwenkt im Bogen das Anschlussgleis der chemischen Fabrik und der Ziegelei ein.

Schauen wir in die Foto-Details rein …



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eine Rangierabteilung, bestehend aus 2 gedeckten Güterwagen und einem O-Wagen wurde von einem der beiden Aufstellgleise (unten links) von einer bad. VI gerade abgezogen. Vor der Lokomotive fährt ein O-Wagen und eine gedeckter Güterwagen. Hinter der Lok ein weiterer gedeckter Güterwagen.

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auf dem anderen Aufstellgleis stehen 2 x 3 Kesselwagen, die für die chemische Fabrik bestimmt sind.

Man beachte auf dem Nachbargleis den O-Wagen, dessen Beladung recht unfachmännisch ausgeführt ist. Was das für en Ladegut im O-Wagen ist?

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am Ende des Anschlussgleis wartet die Dampfspeicher-Lok vor dem Sperrsignal auf Einfahrt in den Bahnhof. Sie wird wohl dort warten müssen, bis die Rangierarbeiten der VI b abgeschlossen sind.

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die Rangierabteilung hat bereits den Bahnübergang passiert und der Schrankenwärter hat bereits die Schranken geöffnet. Ein Mann mit Leiterwagen hat sich schon auf dem Weg über die Gleise gemacht.

Im rechten Bildteil befindet sich eine Baustoffhandlung, die sich ober- und unterhalb der Straße befindet. Links neben dem Schuppengleis wartet bereits ein Mitarbeiter des Baustoffhandels auf die Zustellung eines gedeckten Güterwagens, der sich in der Rangierabteilung befindet.

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der Rangierbegleiter wartet schon etwas abseits auf die Vorbeifahrt der Rangierabteilung. Nach der Vorbeifahrt wird er die DKW stellen, damit der gedeckte Güterwagen dem Baustoffhandel zugestellt werden kann.

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das Empfangsgebäude war wohl ursprünglich nur ein größeres Bahnwärterhaus und wurde im Laufe der Jahre immer wieder durch Anbauten erweitert.
Man beachtet den schmalen, nur aus einer niedrigen Kiesaufschüttung bestehende Bahnsteig an Gleis 2.

Oberhalb des Empfangsgebäudes laufen auf der Landstraße zwei Frauen, die gemeinsam einen schweren Korb tragen. Die eine Frau hat ein kleineres Kind an der Hand ( > Folge-Foto). Sie kommen den weiten Weg von Konstanz, vorbei der an der Jäger-Kaserne, gelaufen. Die Fahrkarten für eine Bahnfahrt von Konstanz nach Petershausen hatte man sich gespart und hat lieber den schweren Korb den  langen Weg geschleppt.

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die Gießerei & Maschinenfabrik Rieter. An der Längsseite des Fabrikgebäudes sind jede Menge Gussformen in "lockerer Form" für eine spätere Wiederverwendung gelagert. Direkt an der Mauer des Fabrikgebäudes verläuft ein Gleis der fabrikeignen Lorenbahn.

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wie in @11 zu sehen, war das Firmengelände der Gießerei und Maschinenfabrik sehr groß. Nur ca. 40% der Grundstücksflache wurde für die Produktion genutzt; die restliche Grundfläche diente als Abstellfläche für Ausschuss, für Kleingärten und für den Bahn-Anschluss.

Gleich hinter dem Werkstor warte bei den Kleingärten zwei leere geschlossene Güterwagen auf die Beladung im Fabrikgelände.Man beachte die durchgehenden Trittbretter an einem der beiden Güterwagen.
Das Fabrikgelände war nur über eine Spitzkehre zu erreichen.

das weitere Detail-Foto zeigt die Spitzkehre, oberhalb eine im Brachland endendes Gleis der Lorenbahn.
Bemerkenswert ist, das ab der Spitzkehre im Normalspurgleis die Gleise der Lorenbahn mittig im Gleis liegen. Die Lorenbahn findet vor der Regelgleis-Weiche ihren Abschluss im Nichts.

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vor dem eigentlichen Fabriksgelände sind zwei O-Wagen zu sehen, einer mit Produkten beladen, der andere leer.
Die Drehschiebe mit Regelspur- und der Lorenbahn-Gleisen ist ein Hingucker für Modellbahner.
Geradeaus führt ein kombiniertes Gleis aus Regelspur- und Lorengleis weiter in das Fabrikgelände hinein, nach rechts besteht nur das Lorengleis und nach links nur das Regelgleis zu einer links außerhalb des Bild-Ausschnitts befindliche Lagerhalle. Unmittelbar oberhalb nach der viergleisigen Drehscheibe befindet sich mitten in der Regelspur eine Wagendrehscheibe für die Lorenbahn. Hier konnte Loren in und aus dem Fabrikgebäude gedreht werden.
Eine Wellblechbude diente wohl aus Refugium für den Drehscheiben-Bediener.

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das Materiallager der Fabrik war unbefestigt. Hier warteten Stahlträger und Rohmaterialen auf die Verarbeitung. Der Lagerplatz war nicht befestigt, und die Botanik wuchert schon ums Material herum. Möglicherweise Indizien auf eine schwache Auslastung der Fabrik in Zeiten rund um die Weltwirtschaftskrise.

Links unten übrigens der Lagerschuppen, vor dem das Regelspur-Gleis verläuft, das von der vorher erwähnten Drehscheibe wegführt. Mit Sicherheit wurden die hier Regelspur-Güterwagen per Hand verschoben.

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Ja, es wird wohl ein warmer Sommertag gewesen sein, an dem Walter Mitterholzer mit seinem Flugzeug über Petershausen um 1930 flog, vermutlich vormittags gegen 10 - 11 Uhr.
Die Schatten der Gebäude sind kurz und zeigen in Richtung West-West-Nord. Viele Fenster der Mitarbeiter-Häuser sind geöffnet und die Hausfrauen haben das Wetter zum Wäschewaschen genutzt. Nicht nur in den im Bild-Ausschnitt  zu sehenden Wohnhäusern sieht man vollgehängte Wäscheleinen in den Vorgärten.

Mal ganz nebenbei: Wäschewaschen war damals eine wirklich eine Plackerei, und reine Frauen-Sache, so ganz ohne eigne Waschmaschine.
Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, als meine Mutter Waschtag Mitte der 1960er in der Waschküche in einem Eisenbahner-Wohnhaus nahe Stuttgart hatte...
Der Waschtag war damals wirklich noch ein Wasch-TAG. Gemeinschafts-"Wasch-Automat" mit Münz-Einwurf. Eintrag in eine Warteliste war obligatorisch, man konnte nicht einfach kommen und einfach mal "kurz" Wäschewaschen wollen. 20 Pfenning für 1x Kochwäsche. Eine Wäsche-Schleuder gab es nicht.... nur den Wind und die Sonne, und die Wäscheleine.


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für heute nochmals ein letzter Blick zum Bahnhof:

Vor dem Sägewerk bzw. der Holzhandlung (oder auch beides?) stehen vier Drehschemel-Wagen, einer davon mit Bremserhaus. 5 Mitarbeiter sind im Bild zu sehen, einer davon mit einer Handkarre.
Auf dem Ladegleis steht ein vierachsiger Rungenwagen mit Bremserhaus, der be- oder entladen wird.

So, das solls für heut wieder gewesen sein

Wir sind heute nur in ein einzige Luftbild unterwegs gewesen.

Nur eine schnödes Luftbild? Bei weitem nicht. Es gibt auf diesen Fotos von Walter Mitterholzer soviel zu entdecken und kleine Geschichten zu erzählen... Am Ende dieser Serie werde ich die einzelnen Foto-links hier einstellen, damit Ihr weiter stöbern könnt.

Reine Größe einer Modellbahn spielt nicht die Rolle, damit einem 1:1-Eisenbahner das Herz aufgeht, sondern die Details und die kleinen Geschichten aus dem Leben, die auf der Modelllbahn erzählt werden, die faszinieren und die eine Modellbahn stimmig machen. Vielleicht ist diese Bilder-Serie von mir eine Anregung für die Anlagen-Gestaltung

Die Fotos zeigen aber auch, dass von unserem heutigen täglichen Alltags-Verständnis heraus einen viel, viel zu hoher Mechanisierungs- und Motorisierungs-Stand auf frühere Zeiten in die Modellbahn-Anlagen hinein projiziert wird, den es damals einfach noch nicht gab.

Auf den gesamten Luftbild-Fotos vom Walter Mitterholzer in und um die Stadt Konstanz am Bodensee aus der Zeit um 1930 konnte ich gerade mal in der Summe 9 Pkws erkennen. Man ging zu Fuß, fuhr mit dem Fahrrad oder mit der Eisenbahn....

Eine damals gegründete, gesonderte Auto-Sparkasse für einen VOLKSWAGEN für ALLE, das waren damals die Rattenfänger, für die, die Wahlen gewannen... - letztendlich wurden aus dem Spareinlagen "Kübelwagen" für den Krieg produziert- .. das "Reichsheimstätten"-Gesetz für eine Mini-Einfamilienhaus für alle, 6.000 Reichsmark für 4 eigene Wände, bleib für die Allermeisten ein ferner Traum, der auf Grund der Einkommensverhältnisse  unerfüllbar blieb. Das Problem damals: Eine Demokratie ohne Demokraten in der Mehrheit, die für die Freiheit und Demokratie resolut einstandt...

Die Leute Anfang der 1930er, als diese Luftbilder entstanden, wussten noch in der allergrößten Mehrheit nicht, was der "GröFaZ" ("Größte Feldherr aller Zeiten", so sagte es damals verächtlich meine Schullehrer ( durch die Bank alles selbst Kriegs-Veteranen)) im fernen Berlin mit der Welt noch vor hatte.
Glückliches Konstanz, dass es auf Grund seiner Lage nie in ernsthafte Kriegs-Ereignisse einbezogen wurde...

Viele Grüße,
Andreas



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Hallo Andreas

eindrücklich, die Bilder von Walter Mittelholzer! Und die Ausschnitte und der Kommentar dazu. Als Historiker ist mir Mittelholzer natürlich ein Begriff, aber ich habe mich nie mit seinen Fotos beschäftigt.
Was mir ein Rätsel ist: die Qualität der Bilder, geschossen von einem Flugzeug aus, das sich ja bewegt. Soviel ich weiss, sind es ja nicht Bilder aus einem Luftballon. Und der Fotoapparat war kein elektronisches Wunderding, wie wir es heute als selbstverständlich verwenden.

Heinzpeter
Hallo Heinzpeter,

vielleicht ist Walter Mittelholzer ja auch in einem Zeppelin mitgeflogen? Das würde die bessere Qualität der Bilder erklären da die Luftschiffe ja langsamer und deutlich ruhiger als ein Flugzeug waren.

Grüße
Markus
Hallo zusammen,

und die Frage zu beantworten: Walter Mittelholzer war in einem Doppeldecker unterwegs. Es ist schon absolut erstaunlich, was für eine hohe Auflösung und Klarheit seine Luftbilder haben.
Er wird wohl zumindest eine Mittelformat-Kamera benutzt haben, ähnlich sie wie bei der damaligen militärischen Luftaufklärung verwendet wurde.

Viele Grüße,
Andreas

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Hallo zusammen,

ich verfolge ganz gebannt diesen Thread, denn vor  25 Jahren (mittlerweile auch schon wieder ) hatte ich das CAD-System der Rieterwerke teilweise zu betreuen. Die Konstruktion war im Hauptgebäude untergebracht, das damals noch so wie auf den Bildern aussah. Es waren sehr angenehme Kunden!

Mittlerweile scheinen die Rieterwerke ja auch nicht mehr zu existieren, schade drum.......

Grüssle aus dem Schwabenländle

Bernhard

Hi Andreas,

das mit der Mittelformatkamera könnte stimmen, jedenfalls war Mittelholzer im Ersten Weltkrieg bei den Militärfliegern und dort zuständig für Aufklärung aus der Luft, mit entsprechender Fotoausrüstung.

Nachtrag:
Warum nicht gleich nachsehen??
Das Original des diskutierten Bildes ist ein Glasplattennegativ, schwarz/wweiss, Querformat, 13 x 18

Heinzpeter

mein lieber Andreas,
ganz dicken Dank für die Bilder und die Geschichten dazu.
Ein paar wunderschöne Fundstücke für' Herz.

lieben Gruß
Jörg
Hallo zusammen,

ich habe im Internet recherchiert und versucht, etwas mehr über die Fa. Rieter heraus zu bekommen:

http://www.rietermorando.com/page/4/unternehmen?loc=de (rechte Spalte)

Das 1874 gegründete Unternehmen hat sich offenbar auf die Produktion von Ziegelei-Maschinen und Förderanlagen spezialisiert.
Irgendwann in der Vergangenheit wurde dann das Unternehmen von der Fa. Keller aus Ibbenbüren
https://www.keller.de/de/kcs/firmenhistorie/#14
übernommen, welches dann ihrerseits den Geschäftsbereich Ziegelei-Maschinen an die italienische Fa. Rieter Morando im Jahr 2018 verkauft hat.
Am Standort Konstanz-Petershausen sind heute nur noch Wartung, Service und Ersatzteile ansässig.
etwas vorweg genommen:

von der Bebauung, die auf den Luftbildern von Walter Mittelholzer zu sehen ist, ist heute so gut wie nichts übrig geblieben.

Von der Rieter-Fabrik steht nur noch das ehemalige Verwaltungsgebäude, das eine Kirchengemeinde beherbergt.
Auch der Bahnübergang Schneckenburger Straße besteht noch heute an selber Stelle.
Und von dem in Richtung Rhein abzweigenden Industriegleis, auf dem im Mittelholzer-Foto die Dampfspeicher-Lok stand, ist die Trassierung noch heute zu erkennen.

Alles andere ist flächendeckend verschwunden zu Gunsten einer städtischen bzw. gewerblichen Bebauung.

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aber nun weiter mit dem nächsten Luftbild aus den 1930ern...

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auch im (vermutlichen) Wohnhaus der Unternehmer, in der Ecke links oben war Waschtag. Der Garten hin voll mit Wäsche, die zum Trocknen aufgehängt war.

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wie schon gestern beschrieben, war das Materiallager im Fabrikhof. Das Material lag einigermaßen geordnete auf dem Boden und war von Botanik umgeben.

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ein weiterer Bildausschnitt mit der bemerkenswerten Drehscheibe.
Durchgehend war das Normalspur-Gleis, in das das Gleis der Lorenbahn integriert war.
Normalspur-Gleise zweigen von der Drehscheibe nach links und rechts ab, wobei das rechte Gleis ebenso mehrspurig war.
Oberhalb der Drehscheibe ist mitten im Normalspur-Gleis eine Loren-Drehscheibe, damit Loren izur Weiterfahrt in die Fabrikhalle gedreht werden konnten.

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rechts stehen visasvis der Eisenbahn auf dem Fabrikgelände Gussformen, die auf eine Wiederverwendung warten.

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und nun die Rückseite des Empfangsgebäudes Petershausen. Deutlich erkennt man noch das ursprüngliche Bahnwärterhaus, das durch 2 Anbauten zum Empfangsgebäude umfunktioniert wurde.
Der Garten hinter dem Bahnwärterhaus-Teil lassen schließen, dass hier der Bahnhofsvorsteher mit seiner Familie wohnte.

Die beiden Frauen mit dem schweren Korb (wie gestern im vorherigen Luftbild beschrieben) sind inzwischen weitergelaufen und sind nicht mehr im Bild zu sehen.

In dem kleinen Gebäude links unten waren die Toiletten untergebracht.

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die Frauen mit dem schweren Korb haben mittlerweile die Schneckenburger Straße fast erreicht. Ein Bildausschnitt über die Fabrikgebäude hinweg.

Walter Mittelholzer muss also mehrmals die Rieter-Fabrik umflogen haben, denn sonst könnten die beiden Frauen in der Zwischenzeit nicht die ca. 100-150 Meter zurückgelegt haben....

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in der Zwischenzeit hat auch die Rangierabteilung den gedeckten Güterwagen auf dem Anschlussgleis des Baustoffhandels dem Empfänger zugestellt.
Langsam fährt die Rangierabteilung zurück...

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Der Bahnübergang ist geschlossen, und der Schranken- und Weichenwärter ist von seinem Wärterhaus auf den Bahnübergang Schneckenburger Straße herausgekommen, um mit dem Rangierbegleiter ein Rangiergespräche durchzuführen.
Es werden hierbei die weiteren Rangierbewegungen besprochen und abgestimmt. Es gab zu dieser Zeit keinen Rangierfunk, und vermutlich war der Bahnhof nicht mit sehr vielen Fernsprech-Stellen ausgestattet.
Offenbar hatte man Zeit.... und an den Schrankenbäumen stand niemand, der den Bahnübergang passieren wollte.

Auch in den 1930ern standen noch die badischen Hauptsignale aus großherzoglichen Staatsbahn-Zeiten. 2 Exemplare sind im Bild zu sehen: rechts ein Signal mit Podest, das linke mit einem Zores-Mast.

http://www.diehugs.de/Verschiedenes/Signale/signale.html (etwas herunter scrollen)
http://www.diehugs.de/Verschiedenes/Signale/Flu.../einfahrsignale.html


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noch ein weitere Blick hinüber zum Güterschuppen nebst kleiner Seiten-Laderampe und zur Ladestraße, wo die 4 Drehschemel-Wagen abgestellt sind.
Es ist schon erstaunlich, was der Güterschuppen eines recht ländlichen Bahnhofs für ein Frachtaufkommen hatte: Vor jeder Ladetür des Schuppens steht ein gedeckter Güterwagen. Fracht wurde mit der Eisenbahn transportiert, und Lkw, Pferdefuhrwerke und Handkarren übernahmen dann die "last mile"...

So, es gab wieder vieles und sehr interessantes auf diesem weiteren Luftbild zu sehen.

Wenn*s zeitlich bei mir klappt, geht's morgen Abend mit dem nächsten Luftbild weiter.

Viele Grüße,
Andreas

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