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THEMA: Gleis nach Sanierung lauter?

THEMA: Gleis nach Sanierung lauter?
Startbeitrag
maxGrasser - 05.04.12 00:16
Hallo zusammen,

ich als Eisenbahntechnischer Laie werfe mal die Frage in den Raum, warum ein saniertes Gleis lauter ist als das vorherige Bestandsgleis. Das "lauter" beziehe ich damit nicht auf die Lautstärke (da fehlt der Vergleich), sondern auf die Dauer: die Schiene fängt sehr viel früher das "singen" an und hallt sehr lange nach. Früher hat man den Zug je nach Windrichtung vielleicht aus 2km Entfernung gehört, heute fängt das Gleis zum "singen" an sobald der Zug die letzte Weiche des vorherigen Bahnhofs verlassen hat -> der ist gute 6km entfernt. Das normale gerumpel nach wie vor so ab 2km Entfernung, je nach Windrichtung.

Woran liegts?

Bekannter meinte das liegt an den Betonschwellen (früher Holz), was ich aber ausschließe. Das Gegengleis hat schon seit über 10 Jahren Betonschwellen, da hörte man zu den hölzernen nie einen Unterschied heraus. Andere meinten es liegt am dichter gestopften Schotterbett...

Weiß es hier jemand?

Danke :)

Hallo Max,
ich würde auch auf das dichter gestopfte Schotterbett tippen. Vielleicht hat die Bahn aber auch günstig alte Trompeten bekommen und daraus Gleise gemacht? ;)

Viele Grüße
Carsten von 1001-digital
Kannst du auch erklären, wieso der dichtere Schotter das ganze lauter macht? ;)

Interessanterweise ist es nur im Gleisabschnitt so, den Spitzke / Weiß / Hubert saniert haben. Im Abschnitt nach der Brücke, den Wiebe saniert hat, hört man keinen Unterschied zu vorher.
Hallo Max

vielleicht liegst daran, dass die Schienen mittlerweile kaum noch Schienenstöße haben sondern geschweißt werden.

Gruß
Tomi
Hallo Tomi,

Habe ich auch schon überlegt, aber wichtige Hauptstrecke -> die Gleise waren auch vorher durchgehend geschweißt. Schließe ich daher aus.

Als vor Jahren (2006 meine ich) ein anderer Abschnitt der Strecke saniert wurde gabs den zunächst den gleichen Effekt. Heute hört man davon nichts mehr.
Hallo,

dein Bekannter hat im Grunde schon recht. Ein neues Gleis ist anfangs immer lauter, der neue Schotter ist scharfkantig, bei älterem Schotter sind die Kanten nicht mehr so scharfkantig und das Gleis gibt unter der Last des Zuges deutlich sichtbar nach. Aus diesem Grund wird der Schotter ebenfalls ersetzt.

Betonschwellen haben zudem einen andern Querschnitt als Holzschwellen, sie sind um ein paar cm höher und haben keine so guten Dämpfungseigenschaften wie Holzschwellen. Aus diesem Grund werden zusätzlich Gummiauflagen zwischen Schwelle und Schiene verbaut, auf Brücken muss deshalb wieder mit Holzschwellen gearbeitet werden.

Nach einer gewissen Zeit sind aber keine Unterschiede zwischen Holz- und Betonschwellen zu mehr zu bemerken.

Grüße
Markus
Hallo Max,
vermutlich, weil das losere Gefüge die Schwingungen besser absorbieren kann? Zumindest klingt das plausibel, ist aber eben nur eine Vermutung :)

Viele Grüße
Carsten von 1001-digital
Hi Max,

das Schotterbett soll die dynamischen und statischen Belastungen der Schienen auf den Untergrund übertragen, die durch den Sinuslauf der Eisenbahnräder entstehen.

Bei einem alten und (wegen des Regenwasserablaufs) gut durchlüfteten Schotterbett (Oberbau K 1925) sind die Kanten der Schottersteine durch diese ständige Belastungen abgerundeter als bei einem neuen Schotterbett, sodass die flächenmäßigen Berührungspunkte zwischen Schottersteinen und Schwellen in seiner Gesamtheit größer sind als bei einem neuen Schotterbett.
Somit werden Schwingungen -und damit auch Geräusche- beim neuen Schotterbett weniger in das Schotterbett abgeleitet als bei einem neuen. Folglich breiten sich bei neuverlegten Gleisen die Schwingungen stärker in den Schienen aus.

Ferner haben sich die Schwellen bei einem älteren Schotterbett durch den Sinuslauf der Eisenbahnräder in das Schotterbett "gesetzt" und federn bei Belastung nach. Die Schwellen graben sich mit der Zeit durch den Sinuslauf quasi in den Schotter ein, allerdings nicht gleichmäßig, sodass sich sukzessive eine unebene Fahrbahn mit entsprechenden Fahrverhalten ergibt.

Neu verlegte Schwellen liegen weniger tief im Schotterbett als alte, weil man bei der Verlegung das spätere Sich-Eingraben der Schwellen in den Schotter berücksichtigt. Das Ganze spielt sich im Millimeter-Bereich ab.

Also: Die neuen Schwellen sind einen Tick weniger tief im Schotter eingegraben und gleichzeitig ist der neue Schotter kantiger; somit gibt es 2 Faktoren, die die Berührungsfläche zwischen Schwelle und Schotter verkleinern und die Schwingungsausbreitung in den Schienen befördern.

Um die alten Schwellen wieder anzuheben und die Fahrbahn wieder zu begradigen, werden Gleisstopfmaschinen eingesetzt, die den vorhandenen Schotter unter den Schwellen verdichten. Reicht das nicht aus, um die Fahrbahn wieder zu begradigen, werden Schienenschleifzüge eingesetzt. Ein sehr laute Angelegenheit.

Eine Holzschwelle hält etwa 25-30 Jahre und wird im Laufe der Alterung weicher und gewinnt an Volumen, was zur Folge hat, dass sich die Schwelle besser mit dem Schotter verbindet und die dynamischen Belastungen von der Schiene besser in den Schotter ableitet werden.

Zu anderen sind bei dem noch heute meistverwendeten Oberbau K 1925 die Schienenköpfe in einem Verhältnis von 1:40 nach innen geneigt (jedoch nicht bei Weichen), um den Sinuslauf der Eisenbahnräder bei höheren Geschwindigkeiten in Grenzen zu halten. Dadurch ist die Berührungsfläche zwischen Eisenbahnrad und Schienenkopf besonders groß, und hierdurch ergibt sich ein größere Reibung als bei alten Gleisen. Dadurch entsteht ein stärkeres "Singen" bei neuen Gleise, wenn diese von Schienenfahrzeugen befahren werden. Durch diese erhöhte Reibung schleifen sich die Schienenköpfe mit der Zeit ab und das "Singen" läßt nach.

Es gibt also 3 Gründe, warum neu verlegte Gleise lauter sind.

Auf der Seite http://de.wikipedia.org/wiki/Sinuslauf wird der Sinuslauf der Eisenbahnräder auf den beiden animierten Bildern rechts sehr gut veranschaulicht.

VG

Andreas



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