Remotorisierung von Arnold Drehgestelloks mit Kardanantrieb am Beispiel der BR 221
Übersicht
Schwierigkeitsgrad: mittel (keine Fräsarbeiten)
Motor: Mashima MHK-1020D von "Le Train Magique"
Werkzeug: Trennschleifer, Schraubendreher, Lötkolben
Kleinteile: Silikonschlauch mit 1 mm Innendurchmesser aus dem Anglerbedarf dickeres oder doppelseitiges Klebe- oder Isolierband
Anmerkung
Viele Arnold-Modelle aus den 70er und 80er Jahren halte ich für durchaus gelungen. Sie sind zwar nicht so filigran wie modernere Modellumsetzungen anderer Hersteller, dafür aber robust und standfest. Allerdings hat der Originalmotor einige gravierende Nachteile: Er läuft rauh und erst bei recht hohen Spannungen an, benötigt viel Strom (ca. 200 mA), dreht bei 12 Volt im Leerlauf mit über 30.000 min-1 viel zu hoch und benötigt als Verschleißteil inzwischen schlecht erhältliche Kohlebürsten.
Daher habe ich mich nach einer Motor-Alternative umgeschaut und bin bei Mashima fündig geworden. Beim MHK-1020D handelt es sich um einen modernen 5-poligen Motor in geschlossener Bauform mit wartungsfreien Edelstahlbürsten, der speziell für den Digitalbetrieb empfohlen wird. Der Mashima-Motor benötigt bei derselben Belastung nur den halben Strom, läuft bei niedrigerer Spannung an und dreht bei 12 Volt nur halb so hoch wie der Arnold-Motor. Technisch werden diese Vorteile durch die Verwendung von Seltenerdmagneten anstatt von Ferriten erreicht.
Da dieser Motor ziemlich genau den Abmessungen des Original-Arnold-Motors entspricht, gestaltet sich der Umbau recht einfach, d.h. ohne Fräsarbeiten. Um den oftmals recht lauten Kardanantrieb zu verbessern, wird in dieser Anleitung zudem der Umbau auf einen Silikonschlauch-Antrieb beschrieben. Da der Motor nicht eingeklebt wird, lässt sich der Umbau gegebenenfalls wieder rückgängig machen.
Fast alle Arnold-Modelle der 70er bis 90er Jahre mit Kardanantrieb können damit recht problemlos umgebaut werden. Im einzelnen sind dies BR 103 (2. Serie), 110, 111, 117, 118, 119, 140, 141, 150 (2. Serie), 194 und 221. Die Anleitung ist im Prinzip auch für Loks ohne Kardan-Antrieb, mit direkt auf den Achsen montierten Schnecken oder Federantrieb verwendbar. Beispiele hierfür sind die BR 116, BR 150 (1. Serie), BR 211 / 212, ET 88, BR 798 (2. Serie), Ce 6/8, V 45 und BR 420. Deren Umrüstung ist allerdings mit etwas mehr Bastelei verbunden.
Ältere Modelle (SNCF, BR 103 der 1. Serie, BR 217/218) haben Motore mit anderen Abmessungen und eingehängten Kohlebürsten. Dieser Modelle werden in dieser Umbauanleitung genausowenig berücksichtigt wie die moderneren Modelle mit Schwungmassen, die über einen verbesserten Antrieb verfügen.
Die vorliegende Anleitung beschreibt den Motorumbau am Beispiel einer Arnold-Lok der Baureihe 221.
Arbeitsschritte
Das folgende Bild zeigt den Arnold-Originalmotor und den Mashima-Motor. Beide Motoren haben fast dieselben Abmessungen von 10 mm bzw. 12 mm und ähnlich abgerundete Kanten. Der Mashima-Motor ist mit einer Länge von 20 mm (Gehäuse ohne Achsen) lediglich etwas kürzer als der 24 mm lange Arnold-Motor.Der Mashima-Motor wird in den Motorschacht eingelegt und ans rechte Ende (Orientierung wie auf dem folgenden Bild zu sehen) geschoben, so dass auf der linken Seite (dort, wo sich die Aussparung befindet) Platz für die Stromkontakte verbleibt. Dann können die Motorwellenenden mit dem Trennschleifer so gekürzt werden, dass zwischen ihnen und den Schneckenwellenenden rund 1 mm Abstand bleibt.
Nun werden die Kunststoff-Kardanaufnehmer von der Schneckenwelle abgezogen und durch ein Stück Silikonschlauch aus dem Anglerbedarf ersetzt. Bitte aufpassen, dass die Lagerringe zwischen Schnecken und Zylinderlagern nicht verloren gehen!
Ein Schlauch mit einem Innendurchmesser von 1,0 mm (im Bild das linke Motorwellenende) kann direkt auf das Motorwellenende mit einem Durchmesser von 1,5 mm aufgeschoben werden. Der Abstand zwischen dem Schneckenwellen- und Motorwellenende sollte dabei nicht mehr als 1 mm betragen, da der Schlauch ansonsten anfängt zu "flattern".
Bei einem Silikonschlauch mit 1,5 mm Innendurchmesser kann der Kardanmitnehmer (im Bild das rechte Motorwellenende) weiterverwendet werden. Der Metall-Kardanmitnehmer ist genau wie der Kunststoff-Kardanaufnehmer recht locker auf die Welle gepresst und kann daher ohne Werkzeug vom alten Motor abgezogen werden. Dann ist der Mitnehmer außen rund zu feilen und sein Innendurchmesser auf 1,47 bis 1,48 mm aufzureiben, da der Wellendurchmesser bei Mashima etwas größer ist als bei Arnold. Diese Lösung ist bei sehr kurzen Wellenenden zu bevorzugen.
Die Kontaktlaschen des Motors sollten noch vorsichtig über einen dünnen Schraubenzieher nach außen gebogen werden, um die Kontaktfläche zu vergrößern. Auch die Kontaktfedern der Platine müssen entsprechend angepasst werden. Diese befinden sich im Originalzustand in den mittleren Öffnungen der Platine (im folgenden Bild rot eingekreist). Sie werden ausgelötet und in die äußeren Öffnungen (grün eingekreist) wieder eingelötet. Dadurch können die Kontaktfedern nach dem Wiedereinbau der Platine axial gegen die Kontaktlaschen des Motors drücken und sichern zudem den Motor in seiner Position.
Zum Wiedereinsetzen werden die Seitenwände des Motorschachts - da der Mashima-Motor einige Zehntel schmaler ist als der Arnold-Motor - mit dickerem Klebe- oder Isolierband ausgekleidet. Der Motor mit den befestigten Schneckenwellen und Zylinderlagern wird nun ins Chassis eingesetzt und kann bei Bedarf (zur Wartung oder Modifikation) genauso leicht wieder entnommen werden.
Anschließend wird der Einbau überprüft. Der Motor sollte im eingebauten Zustand bei einer Spannung von 5 - 6 Volt nicht mehr als 100 mA Strom ziehen. Anderenfalls sollte durch Verringern des Abstandes zwischen den Achsen der Motorwelle und der Kardanwelle mit den Schnecken der Druck auf die Zylinderlager verringert werden. Es ist darauf zu achten, dass der Silikonschlauch weder das Chassis noch die Motorlagerschilde berührt, da dies zu Geräuschen, unnötigen Verlusten und höherem Verschleiß führen würde.
Als letztes erfolgt der Zusammenbau und die Probefahrt. Das Modell fährt sanft an, das ehemals rauhe und laute Laufgeräusch hat sich deutlich verbessert und die Stromaufnahme wurde halbiert. Der zur Verfügung stehende Regelbereich wurde aufgrund der geringeren Anfahrspannung und der niedrigeren Endgeschwindigkeit deutlich erweitert.
Nach meinen Messungen ergibt sich für die umgebaute Lok der Baureihe 221 folgendes Geschwindigkeitsprofil:
Spannung [V] |
Strom [mA] |
errechnete Drehzahl [1/min] |
Zeit für 2 m-Strecke [s] |
Geschwindigkeit (umgerechnet) [km/h] |
---|---|---|---|---|
12 |
106 |
12524 |
6,1 |
182 |
10 |
99 |
9204 |
8,3 |
139 |
8 |
91 |
6821 |
11,2 |
103 |
6 |
83 |
4316 |
17,7 |
65 |
4 |
76 |
1802 |
42,4 |
27 |
Wie man erkennt, wird die vorbildgerechte umgerechnete Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h für den Reisezugdienst bei ca. 10 Volt erreicht. Für den Betrieb mit einer festen Spannung von 8 Volt wäre eher der Einsatz im Eilzug- oder Güterzugdienst passend. Auch bei der geringen Spannung von 4 Volt für Langsamfahrt läuft die Lok - eine gute Stromaufnahme vorausgesetzt - ruhig und gleichmäßig.
Die angegebenen Werte beziehen sich auf eine Leerfahrt der Lok. Maximal wird im Volllastbetrieb (Betrieb an der Haftgrenze) eine um 1,0 Volt höhere Spannung benötigt, um den durch diese Last bedingten Drehzahlabfall von 1200 min-1 zu vermeiden. Aufgrund der Übersetzung erwarte ich nahezu identische Ergebnisse für alle weiter oben aufgeführte Drehgestellloks, da auch diese ein Getriebe im Modul 0,4 aufweisen. Somit lassen sich mit diesem Motor auch Schnellzugloks mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 180 km/h vorbildgerecht betreiben.
Fazit:
Ich betrachte den Motorumbau - auch wenn noch keine Langzeiterfahrungen vorliegen - was das Fahrverhalten, die Geräuschentwicklung und die Wartungsfreiheit angeht im Vergleich mit dem Originalantrieb als sehr gelungen. Sein großer Vorteil ist das modulare Konzept ohne Einkleben des Motors, so dass Motor, Chassis und Platine nach wie vor getrennt voneinander gepflegt, gereinigt und gewartet werden können.
Generell ist zu den Mashima-Motoren zu sagen, dass sie ein gutes Anlaufverhalten (Anlauf des Motors alleine unter 2 Volt), einen ruhigen Lauf aufweisen und somit einen guten Kompromiss zu den wesentlich teureren Glockenankermotoren darstellen, deren Laufeigenschaften - speziell im extrem langsamen Fahrbereich - sie jedoch nicht erreichen. Für Streckenlokomotiven sind diese Motoren jedoch aufgrund der passenden Drehzahl sehr gut geeignet.
Ich habe diese Anleitung nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Sie soll als Anregung dienen, erhebt aber nicht den Anspruch, auf alle potenziellen Fehlerquellen explizit hingewiesen zu haben. Die Verantwortung für Nachbauten liegt bei jedem selbst.
Danke an Burkhard für die Zusendung.
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Das sagen User zu diesem Thema (die letzten 5 Beiträge, 9 Beiträge insgesamt):
Fazit:
Es ist eine deutliche Geschwindigkeitsreduzierung in Richtung Vorbildgeschwindigkeit zu verzeichnen. Im direkten vergleich mit einer weiteren 111 (S-Bahn) die einen Getriebeumbau mit Glasmachers Schnecke hat stelle ich folgendes fest. Die Geschwindigkeitsreduzierung bei dem Getriebeumbau ist noch mehr in Richtung Vorbild. Der Motorumbau sorgt für ein deutlich besseren Anfahrverhalten und die Lok ist deutlich leiser unterwegs. Die Kosten des Motors belaufen sich bei dem Modell auf etwas 2/3 dem des Getriebeumbaus.
Gruß Detlef
http://www.fischer-modell.de/mashima.php
mfg.
Grüße,
Mark Veneman
http://finneyandsmith.co.uk/finneyandsmith/motors.htm
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